Ich habe ihn vor dem Benediktinerinnenkloster St.Johann in Müstair beim Aussteigen aus dem Auto gesehen. Eindeutig auch er ein Tourist. Er stand auf dem Parkplatz vor der grell weissen Klostermauer und fotografierte das Kloster. Er stand da, hob die beiden Hände in die Höhe, richtete seine Kamera auf das Klosterareal und fotografierte mehrmals. Immer wieder war ein Klickgeräusch zu hören, der Mann schien eine ganze Serie von immer gleichen Bildern zu machen. Es dauerte einige Sekunden bis ich merkte, dass der Mann gar keine Kamera vor sich hatte, er tat nur so als würde er fotografieren. Das Klackgeräusch kam aus seinem Mund, schien eine Art Schnalzen zu sein. Er hatte offenbar nichts dagegen, dass ich ihn bei dieser seltsamen Handlung mit meiner Kamera fotografierte. Er sah, dass ich ihn fotografierte und nickte mir zu, als würde es ihm sogar gefallen. Etwas später stand ich neben ihm in der Klosteranlage während der Führung im Plantaturm, wo er ebenso aufmerksam den Ausführungen der Kunsthistorikerin folgte wie wir anderen und gleichzeitig fotografierte, ohne eine Kamera in seinen Händen zu halten. „Bitte ohne Blitz“, hatte die Kunsthistorikerin gebeten. Und wir anderen hielten uns ebenso daran wie auch er. Die anderen zwinkerten sich zu, es war klar, was sie vom Fotografen hielten, der ununterbrochen Aufnahmen machte. Ich weiss nicht, warum niemand von uns sich getraute, den Mann zu fragen, weshalb er sich so auffällig, so seltsam verhalte. Als die Führung vorbei war, sah ich ihn wieder, wie er die Grabsteine im Friedhof vor der alten Kirche fotografierte.
Eingeworfen am 13.12.2021
Erinnerst du dich? Ein Klicken (oder Schnalzen oder was auch immer) dient dazu ein gewolltes Verhalten zu bestätigen – wenigstens beim Hund funktioniert das. Wahrscheinlich nutzte der Herr genau diese Methode, um sich das Gesehene ins Gehirn einzugravieren…