Mit den Jahren ist meine Fotosammlung gewachsen. Fast jeden Tag sind neue Bilder hinzugekommen. Mittlerweile sind es Abertausende. Von jedem Bild wusste ich lange Zeit, wo es aufgenommen wurde. Oder ich meinte, es zu wissen. Bilder vom Alltag. Wenn ich die Bilder anschaue, entdecke ich Serien, die mit den Jahren entstanden sind, ohne dass mir bewusst war, dass ich immer wieder auch ähnlichen Motiven folge. Es gibt eine grosse Serie von Drehobjekten: Windräder, Windmühlen, Räder von Dampflokomotiven und Reifen von Traktoren, wuchtige Generatoren und Zahnräder aller Grössen. Es gibt eine Bilderfolge von lesenden Menschen, eine andere von Bibliotheken, eine von Treppenhäusern, eine von Oberlichtsälen in Museen und eine von Menschen, die im Museum Bilder betrachten sowie eine weitere von Urinalen aus aller Welt, eine von Geschäftsinschriften schön klingender Namen französischer Läden, eine von Motorrädern. Und es gibt noch weitere Serien. Nicht wenige. Eine zum Beispiel von alten Autos. Am leichtesten gelingen mir die Bildfänge von älteren Automodellen ausserhalb der Schweiz, dort, wo weniger Geld für den Kauf neuer Autos zur Verfügung steht. Oder auch dort, wo ausgefahrene Fahrzeuge am Strassenrand stehengelassen werden. In Island waren es ausrangierte Land Rovers, verrostet und radlos am Rande eines kleinen Fischereihafens. Aber auch kraftlose Autos aus der ehemaligen DDR, alte Trabbis und Wartburgs, Kunststoffkarosserien, die auch im feuchten Klima im Norden nie rosten aber schäbig aussehen, wenn ihnen die Sitze, das Steuerrad, das Armaturenbrett und die Reifen abgenommen wurden. In Frankreich sind meine Lieblinge alte Citroën Kastenwagen, fahrende graue Wellblechschränke, die beim lauesten Seitenwind über Land kaum mehr richtig zu steuern sind. Ich habe mittlerweile eine ganze Bilderkollektion solcher Kastenwagen. Franzosen fahren ihre Autos aus. Oder es ist ihnen gleichgültig, wenn ihr Firmenfahrzeug oder ihr Privatauto alt aussieht oder sogar verbeult ist. Renault Dauphines und Méganes, Citroën ID und DS in allen Farben sind in meiner Sammlung zu sehen. Oder alte Panhards, jene Personenautos, die fahrenden Badewannen gleichen, meist in hellblau oder weiss. Alte Renaults 4, alte Deux-Cheveaux, Pegasus-Lastautos, Borgwards und schwarze tschechische Tatras habe ich gesammelt. NSU Ro 80, Karman Ghias in knalligem Orange und in schreiendem Rot. Meine besonderen Lieblinge sind alte Peugeots und Austins. Ich weiss gar nicht, weshalb ich alle diese alten Autos fotografiere. Nostalgie? Freude an Formen, die heute auf den Strassen nicht mehr anzutreffen sind? Ja, das wird es sein. Ich möchte keines dieser Autos besitzen. Und ich muss sie nicht einmal selber fahren. Das Bild genügt. Und ich mag alle diese Bilder. Es ist wohl das Kind in mir, das sich an den Bildern freut und sich an Fahrzeugmodelle seiner Kindheit erinnert.
Eingeworfen am x.x.202x
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