Geblieben sind eine Fotografie und zwei eingerichtete Zimmer. Am 16. Dezember 1999 stirbt Liesbeth Löffler im Alter von 81 Jahren in ihrer kleinen Wohnung im Schloss Blakenhain in Crimmitschau (Sachsen). Ihre Wohnung ist eine kleine Insel. Denn rund um die Wohnung befindet sich im ehemaligen Rittergut ein Museum. 21 Jahre nach ihrem Tod sieht ihre Wohnung noch genauso aus wie an ihrem letzten Tag. Ihre drei Kinder Otfried, Irene und Wolfgang haben nach dem Tod der Mutter einige wenige Gegenstände, Erinnerungsstücke, geholt. Die gesamte Einrichtung sollte von einem Transportunternehmen abgeholt und entsorgt werden. Dass die zwei Zimmer ihrer Wohnung noch heute genauso dastehen wie am Tag ihres Todes, ist Jürgen Knauss, Direktor des Deutschen Landwirtschaftsmuseums Blankenhain, zu verdanken. Historiker und Geograph Knauss wollte mit der Einrichtung von Liesbeth Löfflers Wohnung zeigen, wie Angestellte – und später Aussiedler aus dem Osten – früher jahrelang in den Häusern, die zum Schloss gehören, gewohnt haben. 80 Personen sollen zur Zeit der DDR hier gewohnt haben.
Damit nicht nur die Wohnungseinrichtung von LiesbethLöffler einen Einblick in das Leben der Verstorbenen geben sollte, hängt eine Fotografie am Eingang der Wohnung. Sie soll den Blick auf jene Frau ergänzen, die die allerletzte Bewohnerin des Schlosses war. 1918 wurde Liesbeth Löffler geboren. Im Alter von vier Jahren ist sie mit ihren Eltern ins Schloss gezogen. Mit vierzehn wurde sie landwirtschaftliche Gehilfin, mit zwanzig heiratete sie den Kutscher des Schlossgutes Blankenhain, sie selber war mit der Schweinefütterung auf dem Schlossgut betraut. Ihr Mann ist im Zweiten Weltkrieg gefallen, sie selber wurde Arbeiterin in einer volkseigenen DDR- Textilfabrik und später Reinigungskraft im neu eingerichteten Landwirtschaftsmuseum. Über 60 Jahre, von 1938 bis 1999, lebte Liesbeth Löffler im ehemaligen Rittergut, zuerst im Brauereigebäude, seit 1966 im sogenannten Vorschloss, wo die zwei Zimmer und die Fotografie an sie erinnern. Die Fotografie aus dem Jahr 1972 zeigt sie mit einem Enkelsohn.
Man schaut sich um in Liesbeth Löfflers Wohnung und meint, die betagte Dame könne jetzt jeden Augenblick das Wohnzimmer betreten. Beim Hinschauen auf die Fotografie, die sie in ihrem für die DDR typischen Dederon-Kittel zeigt, erinnert man sich an den Satz «Fällt gut, knittert nicht, trocknet schnell und ist vielseitig einsetzbar». So lautete die Werbung für die Dederonprodukte jener Zeit. Auf dem Tisch steht eine typische Advents-Laubsägearbeit aus dem Erzgebirge. Drei Kerzen haben damals schon gebrannt, den vierten Advent hat Liesbeth nicht mehr erlebt. Ein Heizstrahler auf dem Boden weist daraufhin, dass es damals im Winter recht kalt in der Wohnung gewesen sein muss. Die Stühle, die man heute noch manchmal in Restaurants und Cafés im Osten Deutschlands antrifft, sind typische DDR-Stühle. Man stellt sich vor, dass Liesbeth auf dem bequemen Sessel sass und die Füsse auf den Fussschemel ausstreckte.
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