Die Kunstmäzenin als Porträtfotografin

Menschen hören bei einem Openair Konzert zeitgenössische E-Musik

Autor: Michael Guggenheimer

Fotografin geworden ist sie eher zufällig. Und dass sie eine wichtige Porträtfotografin der E-Musikszene der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden würde, hatte niemand erwartet. Die 1921 geborene Amerikanerin Betty Freeman war zunächst eine der markantesten Persönlichkeiten, die zeitgenössische Musik gefördert hat. Als etwa an einem Konzert des Collegium Novum Zürich im Max Frisch Bad ein Stück für Querflöte, Saxophon und Trompete von Steve Reich angesagt wurde (Bild), erwähnte Johannes Knapp, musikalischer Leiter des Collegiums, dass die Komposition Betty Freeman gewidmet sei. Dabei hatte Freeman nicht einmal einen Kompositionsauftrag für dieses Stück vergeben. So verankert ist ihre Bedeutung für die Musikszene, dass mitunter auch nicht von ihr finanzierte Stücke ihr gewidmet wurden. Betty Freeman, die für die zeitgenössische E-Musik von grosser Bedeutung war, hatte zunächst Literatur und Musik studiert, absolvierte eine Ausbildung zur Konzertpianistin und wechselte Mitte der 1960er Jahre ins Musik- und Veranstaltungsmanagement. Seit dieser Zeit war sie auch als Mäzenin tätig und unterstützte insbesondere Komponisten am Anfang ihrer Karriere.

Wie die Mäzenin zur Fotografie kam? Über ihre Finanzierung des Films «The Dreamer that remains» über den Instrumentenbauer Harry Partch kam Betty Freeman 1973 zur Fotografie. Weil beim Filmset ein Fotograf fehlte, der die Stills aufnehmen sollte, drückte einer der Filmleute ihr eine Kamera in die Hand und bat sie darum, die Arbeit am Film mit der Kamera zu verfolgen. Ihre Porträtaufnahmen waren so gut, dass sie ihre Freude am Fotografieren entdeckte und fortan die vielen Musiker, die sie unterstützte zu porträtieren begann. Um ihre Fototechnik zu vervollkommnen, besuchte Betty Freeman Kurse bei so renommierten Fotografen wie Ansel Adams und Cole Weston. Ihre intensiven Kontakt zur E-Musikszene ermöglichten ihr Porträtsitzungen mit den bekanntesten und gefragtesten Musikerinnen und Musikern sowie mit Komponistinnen und Komponisten. Zahlreiche Porträtaufnahmen von Betty Freeman sind in Büchern publiziert worden, lange hing eine Auswahl ihrer Bilder in der Lobby der Carnegie Hall.

Bereits bevor sie als Fotografin bekannt wurde und auch später hat Betty Freeman 413 Stipendien und Werkaufträge an Musiker finanziert und vergeben. John Cage, Steve Reich, Robert Wilson, Philip Glass, Peter Sellars, Helmut Lachenmann, Pierre Boulez, Olga Neuwirth, Kaija Saariaho und der Schweizer Peter Kyburz gehörten zu ihren bekanntesten Stipendiaten. Viele dieser Musiker widmeten ihr in der Folge Werke, so unter anderem die nach ihr benannten Freeman Etudes von John Cage. Während Gerard Mortiers und Hans Landesmanns Direktionszeit an den Salzburger Festspielen finanzierte Freeman ganze Produktionen. Dafür dass sie so begütert war und Musikerinnen und Musiker grosszügig unterstützen konnte, hatte das Erbe ihres aus Russland stammenden Vaters gesorgt. Der Chemie-Industrielle Robert I. Wishnick, der als Philanthrop Krankenhäuser, Schulen und Universitäten unterstützt hatte, war ihr Vorbild. Betty Freeman ist 2009 verstorben.

Zu den Büchern, in denen ihre Fotos publiziert wurden, gehört u.a. Music People & Others: 99 Photographs From the Contemporary Music World. Weil ihre Bilder copyrightgeschützt sind, hier ein Link zu Fotos, auf denen sie zu sehen ist: https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=betty+freeman&tbm=isch&chips=q:betty+freeman,online_chips:david+hockney&sa=X&ved=2ahUKEwjy15eygLTrAhXkkIsKHZaCC68QgIoDKAV6BAgKEAo&biw=1621&bih=925&dpr=2

Eingeworfen am 21.1.2024

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte Sie auch interessieren