Fotos aus Indonesien in Ausserrhoden

Minenarbeiter in Indonesien im 19.Jahrhundert

Autor: Michael Guggenheimer

Eigentlich unterscheidet sich das kleine Museum in ausserrhodischen Heiden mit seinen Exponaten nicht gross von anderen Ortsmuseen in der Schweiz: Dokumente zur Ortsgeschichte, Wohnmobiliar, Gebrauchsgegenstände, Uhren, eine Hausorgel und natürlich auch Appenzeller Bauernmalerei. In der naturhistorischen Sammlung werden Sing-, Schwimm- und Raubvögel sowie Schmetterlinge gezeigt. Und doch bietet das Museum eine Überraschung: Was haben hier nämlich «Schmuck, Handwerk- und Jagdgeräte der Eingeborenen aus Indonesien» zu suchen? Und wie kommt eine ganze Sammlung von Fotos aus «Niederländisch-Indien» ins beschauliche Dorf?

Von vier Ostschweizer Handelsherren, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf Java und Sumatra lebten, finden sich im Museum Exponate, zu denen eine ansehnliche Fotosammlung gehört. Traugott Zimmermann (1854-1918), Geschäftsmann und Financier, Besitzer von Plantagen und Goldminen, eine Zeitlang sogar Schweizer Konsul in Batavia, dem heutigen Djakarta, betätigte sich auch als Hobbyfotograf mit künstlerischen Ambitionen. Von ihm stammen Fotos aus Indonesien im Besitz des kleinen Heimatmuseums, die im Sommer 2020 erstmals gezeigt werden. Einige Fotos hat Zimmermann bei lokalen Fotografen hinzugekauft, denn bei manchen Bildern ist nicht klar, ob er wirklich der Fotograf war.

Zimmermann hat dem Museum in Heiden um das Jahr 1900 Fotografien geschenkt. Im wunderbaren Begleitbuch «Ferne Welten – Fremde Schätze» zur Sammlung von Objekten und Fotos, welche die Schweizer in den Heimaturlauben mitgebracht haben, gehen Gestalter Ralf Harb und Ostasienspezialist Prof. Hans Bjarne Thomsen den Fotografien Zimmermanns nach. Vier Themengruppen machen sie aus: «Städtische Umgebungen», «Tropenparadiese», «Arbeitsplätze» und «Chinesische Prozessionen in Batavia». «Pittoreske, idealisierte Darstellungen von Fischern oder lokalen Händlern stehen kühl realistischen Darstellungen von Grubenarbeitern gegenüber, die zermürbt und widerstrebend den auf sie gerichteten Blick erwidern». Die Ostschweizer «Indiengänger» bilden durchaus Teil einer Schweizer Kolonialgeschichte, die es gibt, auch wenn die Schweiz keine Kolonien hatte.

Nach Jahren in der Fremde war es die Absicht der «Indiengänger», begütert in die Ostschweiz zurückzukehrten. Kamerabesitzer Traugott Zimmermann hat Gold- wahrscheinlich auch Diamantenminen betrieben oder war Teilhaber an solchen Unternehmen. Die abgebildeten Minenarbeiter mussten angesichts der langen Verschlusszeiten der Kamera mehrere Sekunden still in einer typischen Pose stehen bleiben. Der Europäer ist die einzige Person auf dem Bild, die sitzt, links im Bild könnte es sich um einen einheimischen Aufseher handeln. Die Fotosammlung von Traugott Zimmermann umfasst erstaunliches Material, sie bietet insbesondere auch viele Einblicke in die privilegierte Lebenswelt der Schweizer in den Kolonien. Das Begleitbuch würdigt diese Bilder in grosszügigen Darstellungen – es ist auch ein Fotoband. «Ferne Welten – Fremde Schätze» ist im Verlag edition clandestin, Biel, erschienen. «Ferne Welten – fremde Schätze» – Ethnografische Objekte und frühe Fotografien aus Niederländisch Indien. Bis 29. November 2021 im Museum Heiden (AR). https://www.museum-heiden.ch/

Eingeworfen am 18.6.2020

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