Drei Fotopioniere

Drei Gipsbüsten an einer Hausfassade, es sind die drei grossen Fotopioniere

Autor: Michael Guggenheimer

Henry Fox Talbot, Louis Daguerre und Joseph Nicéphore Nièpce blicken still auf die Strasse hinunter. Die drei Väter der Fotografie sind in Görlitz als Büsten an der Hausfront der Löbauer Strasse 7, einer Gründerzeitliegenschaft, angebracht. Nicht zufällig. Denn hier befand sich bis 1903 der Sitz der im Jahr 1896 von Optikermeister Hugo Meyer gegründeten „Optisch-Mechanischen Industrie-Anstalt“. Meyers Manufaktur war eine unter den rund den 40 Kameraherstellern in Görlitz. „Ernst Herbst & Firl – Fabrik photographischer Apparate u. Utensilien“, die Kamerawerke Plamos Aktiengesellschaft, die Camerawerke Paul Quill, Theodor Soennecken & Johann Riedl, die Görlitzer Camera Industrie Gustav Kügler und die Optischen Werkstätten Oskar Simon waren weitere bekannte Unternehmen der Branche mit Sitz in Görlitz. Der Schöpfer Büsten der drei Fotopioniere ist nicht bekannt. Die Kombination der drei Büsten an einer Hauswand wurde wahrscheinlich im Jahr 1893 angebracht und gilt als einzigartig.

Noch in der DDR-Zeit haben insgesamt gegen 1200 Frauen und Männer in Görlitz Kameras und Objektive hergestellt. Heute erinnern nur noch die drei Büsten an der Hausfassade und ein im Jahr 2001 gegründeter Verein an jene Zeit, da Kameraobjektive auf dem Objektivring die eingravierte Aufschrift “Meyer-Optik Görlitz“ aufwiesen. In der DDR-Zeit wurden die verschiedenen Kamerawerkstätten in Görlitz zur „VEB Feinoptisches Werk Görlitz“ zusammengelegt, zu der auch ein Werk in Dresden gehörte. Es entstand der neue Kameraname Pentacon. Hergestellt wurden die Kameras an der Fichtestrasse in jenem grossen Bau, in dem sich heute das städtische Arbeitsamt befindet. Pentacon Kameras wurden in grosser Anzahl exportiert. Nur wenige Bürger der DDR konnten sich eine Pentacon-Spiegelreflexkamera leisten.

Jahre später haben zwei Frauen und fünfzehn Männer die Görlitzer Fotovergangenheit, von der in den historischen Sammlungen im Kaisertrutz kaum die Rede war, wieder zu Ehren gebracht. 1997 haben sie einen ersten Aufruf gemacht und die Öffentlichkeit darum gebeten, historische Kameras einem neu gegründeten Verein zu überlassen. Zahlreiche Görlitzer brachten daraufhin ausgediente Kameras vorbei, der Grundstock für eine neue Sammlung war gelegt. „Wir erforschen, sammeln und bewahren insbesondere die Historie der etwa 40 Görlitzer Hersteller und machen unsere Sammlung auf verschiedenste Weise der Öffentlichkeit zugänglich», hiess es damals auf der Homepage des Trägervereins.

Im Februar 2000 gründeten die Vereinsmitglieder die „Gesellschaft für das Museum der Fotografie Görlitz“. Ehemalige Mitarbeiter von Pentacon und einige engagierte Fotoamateure haben in der der Liegenschaft Löbauerstrasse 7 Räume gemietet. Kameras, Projektoren, Objektive, Filmschachteln, Plakate und Emailschilder werden im kleinen Museum gezeigt. Zu sehen sind in den Räumen des Museums Kameras, die Namen längst untergegangener Marken tragen wie Pouva Start, Durata, Primagon, Globica und Stella.

Eingeworfen am 13.6.2020

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