Ich habe eine Liste aller Adressen, an denen ich gewohnt habe, zusamengestellt. Es sind 18 Adressen. Ortschaft, Strasse, Hausnummer. Vier Städte, zwei Dörfer. Im Lauf der Jahre habe ich diese Häuser fotografiert. Ich könnte zu jeder dieser Fotografien eine Erinnerung aufschreiben. Bloss von einer einzigen Adresse habe ich keine Fotografie und kann mich auch nicht mehr an die Hausnummer erinnern. Es ist meine erste Adresse als Student. Weshalb fällt mir aber der Name der Hausbesitzerin ein? Beim Durchsuchen der Fotografien meiner früheren Adressen habe ich festgestellt, dass ich von den ersten beiden Wohnadressen gleich mehrere Bilder besitze. Aber nur von diesen beiden. Alle paar Jahre stehe ich vor einem der beiden Häuser und fotografiere sie. Die meisten der Bilder dieser ersten beiden Häuser meiner Kindheit und Jugend habe nicht ich gemacht. Wenn Freunde mir erzählen, dass sie einen Besuch in der ersten Stadt meines Lebens planen, dann gebe ich ihnen manchmal einen Zettel mit oder schicke ihnen eine sms mit der Bitte, die Cordobastrasse 6 für mich zu fotografieren. Dasselbe gilt auch für die zweite Wohnadresse: Ich beschreibe diesen Freunden, wie man vom Hauptbahnhof aus mit der Strassenbahnlinie 16 an die Valeriusstrasse 58h gelangt. Es sind mehr als 6 Jahrzehnte her, seitdem ich an der Cordobastrasse und an der Valeriusstrasse gewohnt habe. Und aus irgendeinem Grund befürchte ich, dass Freunde mir eines Tages ein Bild schicken könnten, das zwar an der korrekten Adresse aufgenommen wurde aber einen Neubau zeigen könnte.Die Fotos, die Freunde für mich machen, sind eine Art Rückversicherung, eine Art magischer Beweis, dass es mich damals und dort wirklich gegeben hat. (Foto: Regula Ehrliholzer / dreh)
Eingeworfen am 5.5.2020
Schöner Tel Aviver Eklektizismus.😀